Während der Rehabilitation, nach Wechsel einer Knie-Totalprothese rechts (durchgeführt wegen Prothesenlockerung), klagt die 85-jährige Patientin über bewegungsabhängige Leisten- und Oberschenkelschmerzen auf dieser Seite, die Knieextension und Hüftflexion sind schmerzhaft eingeschränkt. Vor 3 Monaten wurde eine Hüfttotalendoprothese rechts wegen einer Coxarthrose eingebaut. Die Patientin erhält eine Thromboembolieprophylaxe mit Rivaroxaban 10 mg und nimmt wegen der KHK niedrigdosierte Acetylsalicylsäure 100 mg ein. Das CRP ist mit 39 mg/l erhöht, die Leukozytenzahl normwertig. Bilder 1 und 2 zeigen MRI und Röntgen.

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Die MRI-Aufnahmen des Beckens zeigen eine vollständige Ruptur der Iliopsoassehne rechts mit beginnender Sehnenretraktion, die proximalen Anteile der Psoassehne sind erhalten (Bild 3).

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Axiale T2-gewichtete MRI-Aufnahme des Beckens: Breite Dehiszenz am distalen Ansatz der Iliopsoassehne am Trochanter minor, ausgedehntes Oedem DD Hämatom im gemeinsamen pelvinen Sehnenverlauf (Pfeil). Auf der linken Seite unauffälliger distaler Sehnenansatz (Stern).

Ein Zusammenhang mit dem vor einigen Monaten durchgeführten Hüftgelenksersatz ist denkbar. Das moderat erhöhte CRP wie auch die noch eingeschränkte Knieextension sind hingegen durch die kürzlich durchgeführte Knie-TP erklärt. Eine Tendinitis der Iliopsoas-Sehne als Komplikation nach einer Hüft-TP kommt gelegentlich vor (gemäss Literatur in 4.3% der Fälle); eine vollständige Ruptur ist jedoch selten, möglichweise begünstigt durch eine vorbestehende degenerative Tendinopathie. Die Behandlung erfolgt primär konservativ mit Physiotherapie und medikamentöser Analgesie.