Anakinra bei COVID-19 ARDS?

Interleukin-1 blockade with high-dose Anakinra in patients with COVID-19 acute respiratory distress syndrome and hyperinflammation: A retrospective cohort study

Cavalli G. et al, Lancet Rheumatol 2020 Jun;2(6):e325-e331.

In dieser retrospektiven Untersuchung aus Italien wurde bei Patienten mit COVID-19 und einem Acute Respiratory Distress Syndrom (ARDS) ohne invasive Beatmungsbedürftigkeit und einer Hyperinflammation (definiert CRP > 100 mg/l und Ferritin > 900 ng/ml) die Wirksamkeit einer Behandlung mit Anakinra hochdosiert (5mg/kg KG 2 mal täglich i.v.) und Anakinra niedrigdosiert (2 mal 100mg s.c.) mit einer Standardbehandlung verglichen. Alle Patienten erhielten als Grundtherapie Hydroxychloroquin 400 mg täglich und die Virostatika Lopinavir und Ritonavir. Nachdem in der niedrigdosierten Anakinragruppe mit 7 Patienten nach 7 Tagen kein Effekt auf die Hyperinflammation nachzuweisen war, wurde diese Behandlung sistiert.

29 Patienten erhielten das hochdosierte Therapieschema. Es zeigte sich nach 21 Tagen eine Überlebensrate von 90% mit hochdosiertem Anakinra, verglichen mit 56% mit der Standardtherapie. 72% der Anakinra-Patienten und 50% in der Standardtherapie-Gruppe brauchten keine mechanische Beatmung.

Diese unkontrollierte Beobachtungsstudie zeigte einen Benefit einer Anti-Interleukin-1 Therapie mit Anakinra bei COVID-19 Patienten mit schwerem pulmonalem Verlauf und einer Hyperinflammation. Pathogenetisch besteht bei diesen Patienten ein Zytokinsturm mit massiv erhöhten Werten u.a. der Zytokine IL-1, IL-6, IL-18 und Interferon-Gamma. Nachdem Beobachtungsstudien mit den Interleukin-6 Antagonisten Tocilizumab und Sarilumab bei COVID-19 bereits einen Benefit zeigten, scheint dies nun auch für Anakinra der Fall zu sein.

Prospektiv kontrollierte Studien, um den aus diesen Beobachtungstudien vermuteten positiven Effekt zu bestätigen, sind allerdings nötig, resp. sind am Laufen.

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Dr. Thomas Langenegger
Baar

Erstjahres-Therapie bei neu aufgetretener RA

First-year drug therapy of new-onset rheumatoid and undifferentiated arthritis: a nationwide register-based study

Muilu P. et al, BMC Rheumatology 2020:online

Studie aus einem finnischen Register; erfasst wurden 7338 Patienten mit Früh-RA sowie 2433 mit früher undifferenzierter Arthritis über den Zeitraum 2011 bis 2014.

2/3 der RA- sowie auch der undifferenzierten Arthritis-Patienten waren Frauen, bei RA waren 68% seropositiv. Über 90% der RA-Patienten erhielten bereits im ersten Monat nach Diagnose eine Therapie. Methotrexat wurde als Ersttherapie am häufigsten eingesetzt (in über 60% bei RA, in 43% bei undifferenzierter Arthritis). Fast die Hälfte der RA-Patienten erhielt zusätzlich als Kombinationstherapie ein anderes DMARD (meist Kombination MTX plus SSZ plus HCQ). Am Ende des ersten Jahres nach Diagnose betrug der Behandlungsanteil an Biologics bei seropositiver RA 2,6%, bei seronegativer RA 5,3% und bei undifferenzierter Arthritis 3,1%. Weit über 95% aller Patienten erhielten auch nach einem Jahr noch mindestens ein DMARD.

Fazit: In Finnland scheint die Frühtherapie mit einer Kombination von Methotrexat und meist Salazopyrin/Hydroxychloroquin eine gängige Therapie darzustellen. Obwohl die Verfügbarkeit von Biologics in Finnland sehr gut ist, werden diese Medikamente im ersten Jahr offensichtlich nur selten eingesetzt. Erfreulich ist der frühe Einsatz von Basistherapeutika nach Diagnosestellung, was in vielen Ländern weniger günstig aussieht. Die Autoren interpretieren die Tatsache, dass wenige Patienten im ersten Jahr Biologics erhielten, dahingehend, dass die Kombinationstherapie gut angesprochen habe. Leider stehen weder klinische Aktivitätsdaten noch Daten über die radiologische Progression zur Verfügung. Es ist aber anzunehmen, dass doch ein höherer Prozentsatz, insbesondere der seropositiven RA-Patienten, bereits im ersten Jahr einen erosiven Verlauf haben und deshalb auch früher mit entsprechend wirksamen Therapeutika behandelt werden sollten.

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Prof. Dr. Beat A. Michel
Zürich

IFN-γ und Stammzelltransplantation bei RA

Combination of human umbilical cord mesenchymal stem (stromal) cell transplantation with IFN-γ treatment synergistically improves the clinical outcomes of patients with rheumatoid arthritis

Xu X et al, Ann Rheum Dis 2020: online

Die ausserordentlichen immunmodulatorischen Eigenschaften der Transplantation mesenchymaler Stammzellen (MSCT) stellen eine vielversprechende Behandlungsstrategie für Autoimmunkrankheiten dar, aber ihre klinische Wirksamkeit bleibt nach wie vor unklar. In dieser Arbeit wurde zunächst am Mausmodell und dann in einer randomisierten, kontrollierten Phase-1/2-Studie an 63 Patienten mit RA eine MSCT-Monotherapie-Gruppe (n=32) mit einer MSCT + rekombinanter humaner IFN-γ-Behandlungsgruppe (n=31) mit einer Nachbeobachtungszeit von einem Jahr untersucht.

Die Studie zeigte, dass die Kombinationstherapie MSCT+IFN-γ die Wirksamkeit (gutes oder mässiges EULAR-Ansprechen) und die Ansprechraten nach ACR 20 (93,3) signifikant erhöhte. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass IFN-γ ein maßgeblicher Faktor bei der Wirksamkeit der MSCT in der Behandlung von RA ist. Die Kombinationstherapie MSCT+IFN-γ kann eine vielversprechende therapeutische Strategie bei Patienten mit RA darstellen, die entweder gegen konventionelle synthetische krankheitsmodifizierende Antirheumatika (DMARDs) und/oder biologische DMARDs (DMARDs) therapieresistent sind. Aufgrund der geringen Fallzahl sind jedoch zusätzliche Forschungsarbeiten einschließlich einer multizentrischen RCT erforderlich, bevor sich diese Behandlung im klinischen Alltag etablieren kann.

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KD Dr. Giorgio Tamborrini-Schütz
Basel

Kalzinose bei Sklerodermie ist ein ungünstiger Befund

Calcinosis is associated with ischemic manifestations and increased disability in patients with systemic sclerosis

Valenzuela A. et.al. Sem Arthritis Rheum 2020; doi.org/10.1016/j.semarthrit.2020.06.007

In einer Kohorte von 568 konsekutiven Sklerodermiepatienten (gemäss 2013 ACR/EULAR Kriterien) aus 10 Zentren in Nordamerika, Australien und Mexiko hatten 215 (38%) eine Kalzinose, definiert als subkutanes Calcium-Depot in der Bildgebung oder bei der Untersuchung. Die Dauer der Erkrankung (OR=1.24, p=0.029), digitale Ischämie (OR=1.8, p=0.002) und Akroosteolysen (OR=2.97, p=0.008) korrelierten signifikant mit der Kalzinose. Bei den 68 Patienten mit Knochendensitometrie war der mediane T-Score niedriger bei den Kalzinose-Patienten (-2.2 vs. -1.7, p=0.004). Häufigste Komplikation bei Kalzinose war die Schmerzhaftigkeit (29%) und der spontane Durchbruch durch die Haut (20%), während Infektionen selten beobachtet wurden (2%). Die Handfunktion war, speziell bei Finger- und Daumenbefall der Kalzinose, stärker beeinträchtigt als bei Patienten ohne Kalzinose.

Die vorliegenden Daten zeigen, dass das Vorliegen einer Kalzinose als ungüstiger Parameter einer Sklerodermie gewertet werden muss. Es ist deshalb wichtig, bei einer Sklerodermie die Kalzinose zu suchen.

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KD Dr. Marcel Weber
Zürich